Wenn man an Depressionen leidet
und sich dessen bewusst ist, weiß man bereits im ersten Augenblick, dass man es
besser für sich behält. Zumindest sollte es keiner außerhalb des Freundeskreises
und der Verwandtschaft wissen. In der Gesellschaft ist es heute leider immer
noch so, dass das Wort „Depression“ ganz anders wahr genommen wird, als es
tatsächlich ist.
Wer an Depressionen leidet, ist
immerzu grundlos traurig, jammert ständig rum, wie grausam die Welt ist, liegt
den ganzen Tag faul im Bett herum und bekommt nichts auf die Reihe. Zudem
spricht der Depressive andauernd von Selbstmord und will nur Aufmerksamkeit und
Mitleid bekommen.
So oder so ähnlich sieht das
allgemeine Bild der Depressiven in den Köpfen der Anderen aus. Dass dieses Bild
nicht der Wahrheit entspricht oder einzelne Elemente nur in schwerwiegenden
Phasen der Depression auftauchen, weiß keiner.
Wen wundert es nun, dass man als Betroffener niemanden davon erzählen möchte, obwohl zugleich der Drang sich zu erklären und endlich die Maske des „Alles ist gut!“ abzulegen allgegenwärtig ist.
Doch solange dieses falsche Bild
des Depressiven nicht aus den Köpfen der Anderen verschwindet, werden sich
Betroffene weiterhin hinter ihrer Maske verstecken müssen.
Aber einen "Ausweg" scheint es heutzutage zu geben: das Burnout-Syndrom.
Viele unter Druck stehenden und unter
Stress leidenden Menschen brechen zusammen und bekommen die Diagnose Burnout.
Jeder kann diese Diagnose verstehen. Sie bedeutet, dass sich der Mensch viel zu
viel zugemutet hat, dass er hart gearbeitet und sich keine Ruhe gegönnt hat.
Und nun ist er vor Erschöpfung zusammen gebrochen. Verständlich.
Jedoch weiß kaum einer, dass 9
von 10 Patienten, die die Diagnose Burnout bekommen, schon vorher an
Depressionen litten.
Burnout ist keine eigene
Krankheit. Vielmehr ist es ein Erschöpfungszustand und häufig ein Symptom einer
Depression. Dennoch ist ein Burnout sehr ernst zu nehmen.
Doch wer steht öffentlich hinter
seiner Depression, wenn er die Möglichkeit zu sagen hat, dass er an Burnout
leidet? Es ist viel leichter sich hinter der Diagnose Burnout zu „verstecken“ als
die Wahrheit zu sagen, wenn die Wahrheit Depression heißt. Ein Zusammenbruch
nach Überarbeitung ist in der Gesellschaft entschuldbar, während eine tiefe
Traurigkeit, Antriebslosigkeit und schnelle Erschöpfung ohne ersichtlichen
Grund nur „faule Ausreden“ sind.
Wer öffentlich zu gibt an
Depressionen zu leiden, wird häufig argwöhnisch angeschaut. Kaum einer traut dem
Depressiven noch irgendetwas zu. Stück für Stück wird er ausgegrenzt, weil man
meint, dass der Depressive eh nicht in der Lage ist richtig zu funktionieren
und am Leben anderer Teil zu haben.
Das muss nicht immer so sein.
Dennoch bekomme ich häufig den Rat nicht öffentlich über meine Depressionen zu
sprechen, besonders nicht im beruflichen Bereich. Mir selber fällt es sehr
schwer. Ich möchte immer zu jedem offen und ehrlich sein. Doch weiß ich auch,
dass es mir nicht immer gut bekommt, wenn ich immer offen und ehrlich bin.
Daher überlege ich mehrmals, wem ich was erzähle und bespreche mich eventuell
vorher mit jemandem, um auf der sicheren Seite zu sein.
Betroffene wie Angehörige können
nur hoffen, dass es in Zukunft mehr Verständnis für Depressive geben und sich
das Verhältnis zu den Betroffenen bessern wird.
Welche Erfahrungen habt ihr mit dem Thema Depression gemacht?
Als ich die Diagnose Depression bekam, habe ich mich selbst für faul gehalten - ich wollte es zuerst kaum jemanden erzählen, da ich dachte, die anderen denken da genauso, aber meine Mutter, Schwester und Freundin haben mich was das angeht überrascht :-).
AntwortenLöschenIch finde das auch wirklich komisch, dass Depression = faul und Burn-out = überarbeitet; also gut gemacht, du tust was! heißt.
Meine Depression hat sich durch die Arbeit "herausgebildet", da ich mich (wie ich jetzt weiß) kaputt gearbeitet habe - zu viel, zu lange - einer muss es ja machen.... Deswegen habe ich aber trotzdem "nur" die Diagnose Depression und nicht Burn-out - demnach würde ich in der Gesellschaft als faul dastehen :-/
Aber dadurch, dass es immer mehr Fälle von Depressionen gibt (kein Wunder: heute muss alles schneller gehen und jeder muss arbeiten für 2 oder mehr), wird sich das vielleicht irgendwann einmal ändern, da sich das Thema in der breiten Öffentlichkeit verbreitet.
Liebe Wellenreiterin,
Löschenich freue mich jedes Mal über deine Offenheit hier. Danke nochmal dafür! :)
Dieser Druck, der zusätzich entsteht, wenn man erfährt, dass man Depressionen hat, ist ernorm. Und das eigentlich nur, weil man weiß, dass psychische Krankheiten und gerade die Depression in einem falschen Licht gesehen werden. So fällt es einem als Betroffener nur noch schwerer seine Tätigkeiten auszuführen. Es wäre einfacher, könnte man darüber offen sprechen.
Ich bin auch froh, dass das Thema Depression immer mehr in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Hoffentlich passiert der Wandel schnell, sodass wir uns nicht mehr verstecken brauchen.
Liebe Grüße,
Any