Wenn niemand an Dich glauben will, glaube an Dich selbst!

Donnerstag, 14. November 2013

Die falsche Unterstützung

Gerade wenn man an Depressionen erkrankt ist, aber auch wenn es einem einfach nur schlecht geht, benötigt man Jemanden, der für einen da ist. Jemand, der sich den Kummer anhört und einen in den Arm nimmt, aber auch mit Rat und Tat unterstützt. Das ist etwas, was jeder braucht. 

Doch gibt es auch Dinge, die, gerade wenn man als Erkrankter ein Tief hat, nicht hilfreich sind. Im Gegenteil. Einige Ratschläge können die Situation noch verschlimmern. Zum Beispiel mein Lieblingsspruch, den ich mir meistens anhören muss, wenn ich in etwas, was mir wichtig ist, viel Energie reingesteckt habe und dann doch gescheitert bin: „Kopf hoch, das wird schon wieder!“ Bah! Dieser Spruch macht mich bereits wahnsinnig! Wenn man ständig auf die Nase fällt und sich wieder aufrappelt und es wieder versucht und dennoch scheitert, dann ist es nicht sonderlich hilfreich mit einem Standardspruch motiviert zu werden. Bringt mir dieser Spruch etwas? Löst er meine Probleme? Nein. Er sagt mir nur, dass ich es wieder nicht geschafft habe und es immer und immer wieder versuchen soll. Er sagt auch, dass meine Sorgen und Probleme, die mit dem Versagen oder Nicht-gelingen einher gehen,  gar nicht so schlimm sind. Aber doch, sie sind schlimm. Für mich sind sie in diesem Moment schlimm. In dem Moment habe ich Sorgen und Probleme und sie lösen sich nicht einfach in Luft auf. Und dann möchte ich darüber unglücklich sein dürfen. Auch wenn es nur für einen Augenblick ist. Aber ich möchte die Erlaubnis haben traurig und auch wütend zu sein. 

Wenn man dann genug traurig und wütend war und sich die Dinge nochmal ruhig durch den Kopf gehen lässt, fängt man langsam wieder an, sich aufzurappeln. Dann ist man auch wieder für optimistische Ansichten bereit und kann zu sich selbst „Kopf hoch, das wird schon wieder!“ sagen. 

Zuerst die Trauer und den Frust raus zu lassen und dann selber die Erkenntnis zu haben, dass es nach dem Scheitern weiter geht, ist meiner Meinung nach sehr wichtig. Denn den aller letzten Schritt aus dem Tief kann man nur alleine machen. Man muss dazu bereit sein.


Ein anderer, destruktiver Ratschlag ist, meiner Meinung nach einer, der dieses beinhaltet:
  • "Tu das...!"
  • "Mach das doch so...!"
  • "Du musst das so machen...!"
und so weiter. Mit diesen Aufforderungen werden im Allgemeinen Lösungsvorschläge präsentiert. Doch leider können diese gut gemeinten aber unglücklich formulierten Ratschläge einen depressiv Erkrankten ziemlich unter Druck setzen und überfordern. Denn was sie oft raus hören, sind (hohe) Erwartungen, die man an sie richtet und denen sie genügen müssen. Betroffene haben meistens sehr hohe Ansprüche an sich selbst und an ihre Leistungen. Wenn sie nun hören, wie sie etwas zu machen haben, glauben sie, dass sie es vorher nicht richtig gemacht haben. Sie haben dann das Gefühl, nicht zu genügen und immer alles falsch zu machen, ja sogar falsch zu denken. Dann setzen sie sich wieder unter Druck und fordern viel zu viel von sich selbst, bis sie sich überfordern und wieder in ein tiefes Loch fallen. Zudem kommt das Gefühl hinzu jemanden enttäuscht zu haben. 

Es ist also wichtig auf die Wortwahl zu achten, wenn man mit einem sensiblen Depressiven spricht. Mit den richtigen Worten wird der Druck, den der depressiv Erkrankte sich schon alleine macht, gemindert und die Situation entspannt.

Ich selber versuche mich im Gespräch etwas vage auszudrücken, um meinem Gesprächspartner zu inspirieren, aber nicht unter Druck zu setzen. Mit „vielleicht könntest du dies tun“ oder „das könnte eine gute Idee sein“ oder „das wäre auch eine gute Möglichkeit“ hält man die Option offen, ob das gesagte wichtig ist oder nicht. Der Hörer kann dann darüber nachdenken, ohne zu glauben, dass er das Gesagte ausführen muss. Er hat das Gefühl selbst entscheiden zu können. Es ist natürlich kein Patentrezept, aber möglicherweise eine Hilfe.

Habt ihr auch einen Spruch, der euch immer wieder gesagt wird und der euch nervt?

8 Kommentare:

  1. Wenn sich etwas für mich schlimm anfühlt und der andere ganz unverständlich sagt: "Das ist doch gar nicht schlimm!"

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    1. Hallo Wellenreiterin,

      den Spruch, den du dir anhören musstest oder öfter anhören musst, ist wirklich verletzend. Da gibt dir jemand zu verstehen, dass deine Probleme und Sorgen unbegründet sind. Diese Worte müssen dir ja das Gefühl geben zu übertreiben. Ob etwas "schlimm" ist oder nicht, ist subjektiv und jeder hat das Recht auf seine Meinung. Und jeder sollte die Meinung anderer respektieren und akzeptieren.

      Wenn du dann auf jemanden triffst, der der Ansicht ist, dass "das doch gar nicht schlimm ist", ist er anscheinend nicht der richtige Ansprechpartner dafür.

      Ich selber finde auch gerade heraus, wem in meinem Umfeld ich was von mir erzählen kann. Denn nicht jeder teilt die gleichen Ansichten in allen Dingen. Für mich ist es eine schwere Lektion. Ich kann nur hoffen, dass es sich lohnt.

      Und für dich hoffe ich, dass du mehr Leute findest, die deine Meinung respektieren und dich verstehen und du weniger Leute um dich herum hast, die ihre Sicht der Dinge beschränken.

      Liebe Grüße,
      Any

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  2. Ich bin Außenstehende, habe aber depressive Menschen in meinem Freundes- und Familienkreis. Gerne würde ich meine Sicht der Dinge zu diesem Thema schreiben. :-) Der Spruch „Kopf hoch, das wird schon wieder!“ ist schon irgendwie für die Tonne, da muss ich dir recht geben. Wenn er einem manchmal trotzdem "rausrutscht", ist dies aber nicht unbedingt böse gemeint, sondern ganz im Gegenteil. Ich für meinen Teil nehme mir aus deinem Beitrag mit, dass ich in Zukunft besser über meine Wortwahl nachdenken werde. :-) Dann schreibst du: "Er sagt mir nur, dass ich es wieder nicht geschafft habe und es immer und immer wieder versuchen soll." Darin sehe ich überhaupt nichts Negatives. Natürlich soll man es immer und immer wieder versuchen. Entweder nochmal auf die gleiche Art und Weise oder man schlägt einen anderen Weg ein. Aber sein Ziel möchte man doch schließlich erreichen, oder? Natürlich darf man sich seine Zeit nehmen und muss nicht gleich sofort wieder aktiv werden, sondern erstmal seinen Frust überwinden und neue Pläne schmieden. Aber grundsätzlich sehe ich es schon so, dass man nicht aufgeben und es wieder versuchen sollte. Und dann noch hierzu: "Aber ich möchte die Erlaubnis haben traurig und auch wütend zu sein." Natürlich hast du die Erlaubnis! Jeder MUSS wütend und traurig sein dürfen, wenn ihm etwas Negatives widerfahren ist. Ich denke nicht, dass aufmunternde Worte bedeuten, dass du sofort wieder happy sein sollst. :-)

    Und dann noch zu meiner Vor-Kommentatorin: Der Spruch "Das ist doch gar nicht schlimm!" ist wirklich das Allerletzte. Ob etwas schlimm ist oder nicht, kann schließlich nur derjenige entscheiden, dem es widerfahren ist.^^

    Liebe Grüße & einen schönen Sonntag noch! :-)

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    1. Hallo Sabrina,

      vielen Dank für deine Sicht der Dinge zu diesem Thema. Es ist immer hilfreich verschiedene Meinungen zu einem Thema zu hören und daraus etwas zu lernen.

      Ich wollte niemanden, der die im Beitrag genannten Sprüche benutzt, böse Absichten unterstellen. Solche Sprüche werden häufig gesagt, wenn man nichts anderes zu einem bestimmten Thema zu sagen hat oder einem die Worte fehlen.

      Du hast Recht. An dem Satz "Er sagt mir nur, dass ich es wieder nicht geschafft habe und es immer und immer wieder versuchen soll" ist zunächst nichts Negatives zu erkennen. Doch das Gefühl, dass damit einher geht, hat einen negativen Aspekt. Natürlich soll man nicht so schnell aufgeben, wenn man etwas erreichen will. Vom Grundprinzip ist das auch meine Meinung. Doch wenn man sich bereits bemüht, es schon öfter versucht und viel Energie hineingesteckt hat, ist man nach einer (weiteren) Niederlage einfach nur erschöpft und will sich ausruhen. Diese große Erschöpfung kommt bei depressiven Menschen sehr häufig und auch sehr intensiv vor. Wenn man dann gesagt bekommt, dass man weiter machen und nicht aufgeben soll, macht sich allein bei dem Gedanken an einen erneuten Versuch die Erschöpfung breit. Man weiß bereits, wie viel Energie ein Versuch kostet und wie kraftlos man sich nach dem Scheitern fühlt. Hinzu kommen die bereits im Beitrag erwähnten Leistungsansprüche und Versagensängste.

      Schön, dass du es genauso siehst, dass man auch mal traurig und wütend sein darf. Doch nicht jeder gibt einem das Gefühl, traurig und wütend sein zu dürfen. Durch dieses Unverständnis vom Gegenüber bekommt man das Gefühl zu übertreiben, sich anzustellen. Und dann denkt man, man muss seine wahren Gefühle runterschlucken und einfach die "Arschbacken" zusammen kneifen. Dann macht man weiter, bis wieder die Erschöpfung und das Gefühl der Einsamkeit kommt.

      Es kann sein, dass ich häufig aufmunternde Worte dahin gehend interpretiere, dass meine Sorgen und Ängste nicht ernst genommen werden. Was unter Umständen auch sein kann.
      Aber ich werde versuchen nicht mehr so viel in nett gemeinte Worte hinein zu interpretieren und sie so nehmen, wie sie sind. ;)

      Ich hoffe, ich konnte dir einen weiteren Einblick in die Gedankenwelt eines depressiven Menschen geben und meine Worte aus dem Beitrag erklären.

      Vielen Dank für deinen Kommentar! :)

      Liebe Grüße,
      Any

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  3. Achso, und das Bild ist übrigens von der Umsetzung her cool gemacht!^^

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    1. Danke! :)
      Ich gebe mir große Mühe mit meinen Bildern. Sie sollen den Beitrag visuell unterstützen und zum Verständnis der Problematik beitragen.

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  4. Das ist ja wie Topfschlagen auf einen Minenfeld...
    Entschuldigung für den flappsigen Spruch, aber der kam mir irgendwie dabei in den Kopf ^^' Er ist auch garnicht böse gemeint.

    Aber woran ich mich stoße ist die Aussage, dass Kommentare wie "Kopf hoch, das wird schon wieder" und "Hm, kannst du es nicht sonst so versuchen?" als negativ aufgefasst werden, aber wiederum Kommentare wie „vielleicht könntest du dies tun“ oder „das könnte eine gute Idee sein“ oder „das wäre auch eine gute Möglichkeit“ als positiv... ich seh den Unterschied nicht. "Kopf hoch" ist ein Aufmunterungsversuch bzw. Start für eine "Aufmunterungskonservation" ;) Wenn es nur bei "Kopf hoch" bleibt und damit soll das Thema durch sein... ja gut, sowas nervt.
    Aber die anderen Kommentare sind alle "Klugscheißerei". "Hm, kannst du es nicht sonst so versuchen?" ist genauso "besserwisserisch" wie „vielleicht könntest du dies tun“. Beide Aussagen könnte man als belehrend auslegen. Beide Aussagen könnte man aber auch genauso gut als Hilfe verstehen. Ich finde immer, es kommt auf den Gesamtdialog (!) an. Und ich habe Dialog bewusst geschrieben. Meistens bekommt man halt doch einen Monolog zu hören und die eigenen Erfahrungen und Gefühle werden ignoriert. Ein "klugscheißeriger Dialog" kann mehr helfen, als ein "feinfühliger Monolog".

    Diese (pseudo-)feinfühligen Monologe werden nämlich meiner Meinung nach gerne von den sogenannten Gutmenschen geführt. Diese selbsternannten Moralaposteln, die es meinetwegen tatsächlich nur gut meinen, aber damit alles meist nur schlimmer machen. *hust* Ich weiche langsam vom Thema ab ;)

    Wie dem auch sei: Ich bin der Meinung, dass Floskeln leider nun einmal zur Sprache gehören. Sie "passieren" halt. Dabei sollte man aber nichts böses drin sehen, sofern darauf ein vernünftiger Dialog folgt.

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  5. Sehr guter Beitrag, danke!

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