Wenn niemand an Dich glauben will, glaube an Dich selbst!

Freitag, 22. November 2013

Das Stigma Depression

Wenn man an Depressionen leidet und sich dessen bewusst ist, weiß man bereits im ersten Augenblick, dass man es besser für sich behält. Zumindest sollte es keiner außerhalb des Freundeskreises und der Verwandtschaft wissen. In der Gesellschaft ist es heute leider immer noch so, dass das Wort „Depression“ ganz anders wahr genommen wird, als es tatsächlich ist. 

Wer an Depressionen leidet, ist immerzu grundlos traurig, jammert ständig rum, wie grausam die Welt ist, liegt den ganzen Tag faul im Bett herum und bekommt nichts auf die Reihe. Zudem spricht der Depressive andauernd von Selbstmord und will nur Aufmerksamkeit und Mitleid bekommen. 

So oder so ähnlich sieht das allgemeine Bild der Depressiven in den Köpfen der Anderen aus. Dass dieses Bild nicht der Wahrheit entspricht oder einzelne Elemente nur in schwerwiegenden Phasen der Depression auftauchen, weiß keiner. 

Wen wundert es nun, dass man als Betroffener niemanden davon erzählen möchte, obwohl zugleich der Drang sich zu erklären und endlich die Maske des „Alles ist gut!“ abzulegen allgegenwärtig ist.

Doch solange dieses falsche Bild des Depressiven nicht aus den Köpfen der Anderen verschwindet, werden sich Betroffene weiterhin hinter ihrer Maske verstecken müssen.
 
"Zeigt auf mich, denn ich leide an Depressionen"

Aber einen "Ausweg" scheint es heutzutage zu geben: das Burnout-Syndrom.

Viele unter Druck stehenden und unter Stress leidenden Menschen brechen zusammen und bekommen die Diagnose Burnout. Jeder kann diese Diagnose verstehen. Sie bedeutet, dass sich der Mensch viel zu viel zugemutet hat, dass er hart gearbeitet und sich keine Ruhe gegönnt hat. Und nun ist er vor Erschöpfung zusammen gebrochen. Verständlich. 

Jedoch weiß kaum einer, dass 9 von 10 Patienten, die die Diagnose Burnout bekommen, schon vorher an Depressionen litten. 

Burnout ist keine eigene Krankheit. Vielmehr ist es ein Erschöpfungszustand und häufig ein Symptom einer Depression. Dennoch ist ein Burnout sehr ernst zu nehmen.

Doch wer steht öffentlich hinter seiner Depression, wenn er die Möglichkeit zu sagen hat, dass er an Burnout leidet? Es ist viel leichter sich hinter der Diagnose Burnout zu „verstecken“ als die Wahrheit zu sagen, wenn die Wahrheit Depression heißt. Ein Zusammenbruch nach Überarbeitung ist in der Gesellschaft entschuldbar, während eine tiefe Traurigkeit, Antriebslosigkeit und schnelle Erschöpfung ohne ersichtlichen Grund nur „faule Ausreden“ sind. 

Wer öffentlich zu gibt an Depressionen zu leiden, wird häufig argwöhnisch angeschaut. Kaum einer traut dem Depressiven noch irgendetwas zu. Stück für Stück wird er ausgegrenzt, weil man meint, dass der Depressive eh nicht in der Lage ist richtig zu funktionieren und am Leben anderer Teil zu haben. 

Das muss nicht immer so sein. Dennoch bekomme ich häufig den Rat nicht öffentlich über meine Depressionen zu sprechen, besonders nicht im beruflichen Bereich. Mir selber fällt es sehr schwer. Ich möchte immer zu jedem offen und ehrlich sein. Doch weiß ich auch, dass es mir nicht immer gut bekommt, wenn ich immer offen und ehrlich bin. Daher überlege ich mehrmals, wem ich was erzähle und bespreche mich eventuell vorher mit jemandem, um auf der sicheren Seite zu sein.

Betroffene wie Angehörige können nur hoffen, dass es in Zukunft mehr Verständnis für Depressive geben und sich das Verhältnis zu den Betroffenen bessern wird.

Welche Erfahrungen habt ihr mit dem Thema Depression gemacht?

Donnerstag, 14. November 2013

Die falsche Unterstützung

Gerade wenn man an Depressionen erkrankt ist, aber auch wenn es einem einfach nur schlecht geht, benötigt man Jemanden, der für einen da ist. Jemand, der sich den Kummer anhört und einen in den Arm nimmt, aber auch mit Rat und Tat unterstützt. Das ist etwas, was jeder braucht. 

Doch gibt es auch Dinge, die, gerade wenn man als Erkrankter ein Tief hat, nicht hilfreich sind. Im Gegenteil. Einige Ratschläge können die Situation noch verschlimmern. Zum Beispiel mein Lieblingsspruch, den ich mir meistens anhören muss, wenn ich in etwas, was mir wichtig ist, viel Energie reingesteckt habe und dann doch gescheitert bin: „Kopf hoch, das wird schon wieder!“ Bah! Dieser Spruch macht mich bereits wahnsinnig! Wenn man ständig auf die Nase fällt und sich wieder aufrappelt und es wieder versucht und dennoch scheitert, dann ist es nicht sonderlich hilfreich mit einem Standardspruch motiviert zu werden. Bringt mir dieser Spruch etwas? Löst er meine Probleme? Nein. Er sagt mir nur, dass ich es wieder nicht geschafft habe und es immer und immer wieder versuchen soll. Er sagt auch, dass meine Sorgen und Probleme, die mit dem Versagen oder Nicht-gelingen einher gehen,  gar nicht so schlimm sind. Aber doch, sie sind schlimm. Für mich sind sie in diesem Moment schlimm. In dem Moment habe ich Sorgen und Probleme und sie lösen sich nicht einfach in Luft auf. Und dann möchte ich darüber unglücklich sein dürfen. Auch wenn es nur für einen Augenblick ist. Aber ich möchte die Erlaubnis haben traurig und auch wütend zu sein. 

Wenn man dann genug traurig und wütend war und sich die Dinge nochmal ruhig durch den Kopf gehen lässt, fängt man langsam wieder an, sich aufzurappeln. Dann ist man auch wieder für optimistische Ansichten bereit und kann zu sich selbst „Kopf hoch, das wird schon wieder!“ sagen. 

Zuerst die Trauer und den Frust raus zu lassen und dann selber die Erkenntnis zu haben, dass es nach dem Scheitern weiter geht, ist meiner Meinung nach sehr wichtig. Denn den aller letzten Schritt aus dem Tief kann man nur alleine machen. Man muss dazu bereit sein.


Ein anderer, destruktiver Ratschlag ist, meiner Meinung nach einer, der dieses beinhaltet:
  • "Tu das...!"
  • "Mach das doch so...!"
  • "Du musst das so machen...!"
und so weiter. Mit diesen Aufforderungen werden im Allgemeinen Lösungsvorschläge präsentiert. Doch leider können diese gut gemeinten aber unglücklich formulierten Ratschläge einen depressiv Erkrankten ziemlich unter Druck setzen und überfordern. Denn was sie oft raus hören, sind (hohe) Erwartungen, die man an sie richtet und denen sie genügen müssen. Betroffene haben meistens sehr hohe Ansprüche an sich selbst und an ihre Leistungen. Wenn sie nun hören, wie sie etwas zu machen haben, glauben sie, dass sie es vorher nicht richtig gemacht haben. Sie haben dann das Gefühl, nicht zu genügen und immer alles falsch zu machen, ja sogar falsch zu denken. Dann setzen sie sich wieder unter Druck und fordern viel zu viel von sich selbst, bis sie sich überfordern und wieder in ein tiefes Loch fallen. Zudem kommt das Gefühl hinzu jemanden enttäuscht zu haben. 

Es ist also wichtig auf die Wortwahl zu achten, wenn man mit einem sensiblen Depressiven spricht. Mit den richtigen Worten wird der Druck, den der depressiv Erkrankte sich schon alleine macht, gemindert und die Situation entspannt.

Ich selber versuche mich im Gespräch etwas vage auszudrücken, um meinem Gesprächspartner zu inspirieren, aber nicht unter Druck zu setzen. Mit „vielleicht könntest du dies tun“ oder „das könnte eine gute Idee sein“ oder „das wäre auch eine gute Möglichkeit“ hält man die Option offen, ob das gesagte wichtig ist oder nicht. Der Hörer kann dann darüber nachdenken, ohne zu glauben, dass er das Gesagte ausführen muss. Er hat das Gefühl selbst entscheiden zu können. Es ist natürlich kein Patentrezept, aber möglicherweise eine Hilfe.

Habt ihr auch einen Spruch, der euch immer wieder gesagt wird und der euch nervt?