Wenn niemand an Dich glauben will, glaube an Dich selbst!

Dienstag, 17. Juni 2014

Die bröckelnde Fassade

Trotz oder gerade aufgrund der Krankheit versuchen depressiv erkrankte Menschen nach außen stark zu wirken. Sie sind kontrolliert, diszipliniert, leistungsorientiert, ehrgeizig und wirken oft fröhlich und selbstsicher. Keiner scheint zu merken, dass dies oft nur eine Maske ist.

Doch dieses Bild kann man nicht für ewig aufrecht erhalten. Auch wenn man zunächst selber glaubt so zu sein, wie man sich gibt, merkt man als Betroffener bald, dass das Verhalten nicht die innere Wahrheit widerspiegelt. Man merkt, dass es einen nicht gut geht, dass man keine Kraft mehr hat und immer unsicherer wird.

Aber noch will der Depressive die Fassade aufrecht erhalten. Es würde eh niemand seine Probleme und Ängste verstehen oder ernst nehmen. Selbst wenn die Diagnose Depression bereits festgestellt wurde. Gerade dann will der Betroffene es allen beweisen. Beweisen, dass er nicht krank, sondern normal ist. Dass die Erschöpfung und die Schwierigkeiten nur eine Phase ist, die bald vorüber geht.

Doch wenn es immer schlimmer wird, wenn die Energie fehlt die Fassade aufrechtzuerhalten, können die Menschen in der Umgebung zunehmend die Veränderungen spüren. Die Unsicherheit, Die Ängste, die Trauer, die Verzweiflung lassen sich nicht mehr verstecken – man fühlt sich entblößt. 


Der depressiv Erkrankte hat sich große Mühe gegeben das Bild des gesunden und fröhlichen Menschen zu wahren und ist doch gescheitert. Neben der Erschöpfung und Verunsicherung aufgrund der Krankheit und des andauernden Schauspiels kommen noch Gefühle der Scham und des Versagens auf. Jeder kann nun sehen, was der Erkrankte selber in sich gesehen hat, nämlich den Versager, der sein Leben nicht mehr im Griff hat, der mit dem „normalen“ Leben nicht mehr klar kommt und anders ist als die anderen Menschen um ihn herum.

Nicht nur die Fassade beginnt zu bröckeln, auch die Welt um einem herum geht kaputt. Der Betroffene kann sich nun nicht mehr verstecken. Das soziale sowie berufliche Leben gerät in Gefahr. Denn das veränderte Verhalten aufgrund der heruntergefallenen Maske verändert auch das Verhalten des Umfelds. Selbst wenn einem am Anfang noch Verständnis entgegen gebracht wird, ändert sich im Laufe der Zeit das Verhalten der anderen. Ungeduld und Unverständnis nehmen den Platz ein. Denn sie können das Leiden des Depressiven nicht nachvollziehen. Nur wer selbst Depressionen hat oder hatte, wird die Krankheit richtig verstehen und richtiges Verständnis zeigen können.

Als Betroffener kann man nur hoffen auf Verständnis und Geduld seitens Familie, Freunde, Kollegen und Chef zu stoßen.

Mit professioneller Unterstützung können die Symptomatik gelindert und die Erkrankung behandelt werden. Und wenn man an die richtigen Menschen gerät, wird man mit seinen Höhen und Tiefen, Stärken und Schwächen akzeptiert und gemocht. Das wünsche ich jedem!

Kennt ihr das Gefühl euch hinter einer Maske zu verstecken? Und wie ergeht es euch mit dem "zweiten Gesicht"? 

Montag, 2. Juni 2014

Wir jammern nicht - aber jammern tut gut

Wenn man endlich den Mut aufgebracht hat jemanden von seiner Krankheit zu erzählen, fängt man auch Stück für Stück an aufzulockern und von sich und dem Leben mit der Krankheit zu erzählen. Man traut sich mehr und mehr über seine Probleme und sein Wohlbefinden zu sprechen. Denn der Andere scheint zum Zuhören bereit zu sein. Doch dann kommt irgendwann (mal früher, mal später, mit Glück auch nie) der Punkt, an dem gesagt wird: „Nun hör doch auf zu jammern! Mir geht es auch mal schlecht. Aber quatsche ich dich damit zu?“

Danke, sage ich da nur. Jeder Mensch beschwert sich mal über etwas, auch mal etwas zu viel. Davon ist, meiner Meinung nach, niemand ausgenommen. Und klar geht einem manchmal auf die Nerven, wenn sich jemand unentwegt über Dinge beklagt. Aber so ist das nun mal. Manchmal muss man einfach mal Dampf ablassen oder rumweinen. Das tut einfach gut und ist alle Mal besser als die Sorgen und Probleme runter zu schlucken. Aber wenn man dann von jemanden, den man sich anvertraut hat, z.B. einem Freund oder Familienmitglied, eine solche Abfuhr bekommt, dann ist das ziemlich verletzend. Sich beschweren und sich über etwas beklagen ist ein Geben und Nehmen wie alles andere auch. Jeder sollte über das reden können, was ihm auf dem Herzen liegt, ob positiv oder negativ. Falls man das nicht kann, spricht man mit der falschen Person darüber und sollte sich an jemanden wenden, der nicht nur nehmen sondern auch geben kann. 


Ich selber habe eine wie oben beschriebene Situation erlebt. Ich sprach mit einer langjährigen Freundin über Probleme in meiner Familie und in der Schule, die leider nicht selten waren. Dann unterbrach sie mich und sagte mir ungeduldig: „Das interessiert mich nicht. Du redest so oft von deinen Problemen. Ich will das nicht länger hören!“ Dieses Erlebnis hat mein Vertrauen auch in andere Menschen erschüttert. Es hat lange gedauert, bis ich mich erneut traute mich jemanden anzuvertrauen, speziell beim Thema Depressionen. 

Aber nun bin ich wesentlich offener und habe Menschen um mich herum, die meine Schwächen akzeptieren und sich meine Beschwerden und Probleme anhören. Gerade bei Depressionen ist es wichtig sich mitzuteilen, da man oft das Gefühl hat nicht verstanden zu werden. Nur durch Reden und durch beschreiben der Gefühle kann man anderen begreiflich machen, was man selbst durchmacht. Auch wenn es manchmal nach Jammern klingt, ist es ein wichtiges Ventil und Kommunikationsmittel. 

Wurde euch schon einmal gesagt, dass ihr zu viel jammert und ihr damit aufhören sollt? Wurdet ihr ruppig darauf hingewiesen?